Das LAG Düsseldorf hat am 28.10.2020 (12 Sa 450/20) nochmals die Voraussetzungen für den Antrag auf Brückenteilzeit erläutert.
Leitsatz:
Bei einem Antrag gemäß § 9a TzBfG muss für den Erklärungsempfänger erkennbar sein, dass er sich auf diese und nicht auf eine andere Rechtsgrundlage stützt. Dabei ist ein Vertragsangebot, das sich gestaffelt auf unterschiedliche Rechtsgrundlagen stützt, zulässig.
Sachverhalt:
Die Klägerin war seit dem 1.6.2007 bei der Beklagten zunächst in Vollzeit tätig. Auf das Arbeitsverhältnis fand zudem der Tarifvertrag für die Beschäftigten der Mitglieder der TG AOK Anwendung. Mit Nachträgen zum Arbeitsvertrag vereinbarten die Parteien für die Zeit vom 1.4.2012 bis zum 31.3.2017 und für die Zeit vom 1.4.2017 bis zum 31.3.2019 eine Verringerung der bisherigen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit der Klägerin von 100 % auf jeweils 90,91 % der regelmäßigen Arbeitszeit, d. h. auf wöchentlich 35 Stunden. Mit einem weiteren Nachtrag vereinbarten die Parteien für die Zeit vom 1.4.2019 bis zum 31.3.2020 die Verringerung der wöchentlichen Arbeitszeit der Klägerin auf 85,71 % der Arbeitszeit nach § 9 BAT/AOK-neu, d. h. auf wöchentlich 33 Stunden. Die Teilzeit wurde der Klägerin auf der Grundlage von § 12 Abs. 1 BRT/AOK minus neu jeweils zur Betreuung ihres in den genannten Zeitraum noch minderjährigen Kindes gewährt. Mit Schreiben vom 22.1.2020 wandte die Klägerin sich wie folgt dann die Beklagte:
„Sehr geehrte Frau I.,
Hiermit beantrage ich erneut die Verlängerung meines Teilzeitvertrages ab 1.4.2020 bis 31. 3. 2021 mit wöchentlich 33 Stunden.
Sie beziehen sich in Ihrem Schreiben vom 15.1.2020 darauf, dass keine Begründung meines Teilzeitantrags vorliegt. Aus Pietätsgründen habe ich nie angegeben, dass mein Vater seit Jahren an den Rollstuhl gefesselt ist und auch pflegebedürftig ist. Neben dem Pflegedienst stehe ich meinem Vater betreuen zur Seite. Ich beziehe mich aber auch auf dem § 12 Abs. 2 BRT/AOK minus neu in Verbindung mit dem Teilzeit Befristungsgesetz möchte Sie daher bitten meinen Antrag erneut zu überprüfen.“
Die Beklagte hat den Antrag auf Teilzeitbeschäftigung abgelehnt mit der Begründung, die Angabe, einen Angehörigen zu pflegen, ohne Vorlage eines Gutachtens oder Attestes, reiche nicht aus. Im Anschluss an die Ablehnung der Beklagten arbeitete die Klägerin ab dem 1.4.2020 wieder in Vollzeit.“
Entscheidung:
Die Beklagte hat den der Klägerin zustehenden Anspruch auf zeitlich befristete Reduzierung der Arbeitszeit vom 1.4.2020 bis zum 31.3.2021 auf wöchentlich 33 Stunden gemäß § 9a TzBfG zu Unrecht abgelehnt.
Die allgemeinen Voraussetzungen des § 9a TzBfG sind gegeben. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin bestand länger als 6 Monate. Der begehrte Zeitraum der Teilzeitbeschäftigung erreicht den Mindestzeitraum von einem Jahr. Die Beklagte beschäftigt mehr als 45 Arbeitnehmer. Es fehlt nicht an der tatbestandlichen Voraussetzung der „Verringerung“ der Arbeitszeit der Klägerin. Dem steht die bis zum 31.3.2020 bereits mehrfach vereinbarte Reduzierung der vertraglichen Arbeitszeit der Klägerin auf zuletzt wöchentlich 33 Stunden nicht entgegen. Dies ergibt sich zunächst daraus, dass die Arbeitszeitverringerung der Klägerin der zuletzt vereinbarten Reduzierung mit Ablauf des 31.3.2020 geendet und zumindest für eine logische Sekunde wieder ein Vollzeit Arbeitsverhältnis besteht. Der Umstand, dass es sich um eine erneute Verringerung der Arbeitszeit handelt, ist keine Frage des Tatbestandes von § 9a Abs. 1 TzBfG, sondern des Anwendungsbereichs der Sperrwirkung einer vorherigen Arbeitszeitreduzierung in § 9a Abs. 5 TzBfG.
Die Klägerin hat mit dem eigenhändig unterzeichneten Schreiben vom 22.1.2020 einen wirksamen Teilzeitantrag gemäß § 9a TzBfG gestellt.
Die Tatsache, dass die Klägerin mit ihrem Antrag die Ankündigungsfrist von 3 Monaten nicht eingehalten hatte, ist im vorliegenden Fall ohne Bedeutung. Dies ist immer dann der Fall, wenn der Arbeitgeber trotzdem die Arbeitszeitverringerung mit dem Arbeitnehmer ohne Vorbehalt erörtert. Darin ist dann ein Verzicht auf die ausschließlich zu seinem Schutz bestimmte gesetzliche Mindestfrist zu sich.
Das gesamte Urteil können Sie hier nachlesen:
https://www.lag-duesseldorf.nrw.de/beh_static/entscheidungen/entscheidungen/sa/0450-20.pdf
Zu beachten ist, dass sich nach dem Ende einer Brückenteilzeit mindestens 12 Monate reguläre Arbeitszeit anschließen müssen!
Bei allen Fragen rund um die Brückenteilzeit beraten wir Sie gerne.