(Entscheidung des BGH, Urteil vom 1.12.2021 – Aktenzeichen IV ZR 189/20)
Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde: der pflichtteilsberechtigte Kläger macht im Wege der Stufenklage einen Pflichtteilsanspruch gegen den Alleinerben geltend und nimmt den Alleinerben im gerichtlichen Verfahren auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung in Anspruch, nachdem dieser ein notarielles Nachlassverzeichnis vorgelegt hat.
So hatte zunächst das Berufungsgericht entschieden:
Das Berufungsgericht hatte – auf der Linie der bislang herrschenden Meinung – angenommen, der Anspruch des Pflichtteilsberechtigten gegen den Erben auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung nach § 260 Abs. 2 BGB sei bei Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses auf diejenigen Angaben beschränkt, die als solche des Erben gekennzeichnet sind.
So hat der BGH entschieden:
Dem Pflichtteilsberechtigten steht nach der Entscheidung des BGH vom 1.12.2021 ein unbeschränkter Anspruch auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung zu. Der Erbe ist auch dann zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung verpflichtet, wenn die Auskunft durch Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses erteilt worden ist. Die Versicherung an Eides statt ist nicht auf die Angaben die im Verzeichnis als solche des Erben gekennzeichnet sind, beschränkt.
Damit stellt sich der 4. Zivilsenat des BGH gegen die bislang herrschende Meinung, die von folgender Ausgangslage ausgeht: unter einer eidesstattlichen Versicherung versteht man eine mündliche oder schriftliche Erklärung, die sich sowohl auf eigene Handlungen und Wahrnehmungen als auch auf andere Tatsachen beziehen kann. Es geht also um eigene Handlungen und Wahrnehmungen des Erben, zu deren Bekräftigung die eidesstattliche Versicherung abzugeben ist. Hintergrund für diese rechtliche Regelung ist die potentielle Gefahr, dass ein Nachlassverzeichnis vom Erben nicht mit der notwendigen Sorgfalt aufgestellt wurde. Das notarielle Nachlassverzeichnis wird aber nicht vom Erben, der die eidesstattliche Versicherung abgeben soll, sondern von einem Notar erstellt. Man könnte also nun argumentieren, dass nach der jetzigen Entscheidung des BGH der Erbe etwas eidesstattlich versichern soll, was gerade nicht seine eigene Handlung ist.