Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 23. 2. 2022 (10 AZR 99/21) entschieden, dass bezahlte arbeitsfreie Tage nach MTV nicht verfallen, wenn der Arbeitnehmer am Freistellungstag arbeitsunfähig krank ist.
Sachverhalt
Die Parteien sind an den Manteltarifvertrag für die Metall-und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalens (MTV) und den Tarifvertrag tarifliches Zusatzgeld für die Metall-und Elektroindustrie NRW (TV T-ZUG) gebunden. Durch § 25 MTV können Arbeitnehmer:innen, die Kinder erziehen, Angehörige pflegen oder im Schichtdienst arbeiten, acht Tage zusätzlich im Jahr frei nehmen statt das Zusatzgeld zu erhalten.
Der Kläger beantragte für das Jahr 2019 solche Freistellungstage. An zwei der festgelegten freien Tage war er arbeitsunfähig krank. Der Kläger begehrte, dass diese Freistellungstage nachgewährt werden, die Beklagte lehnte das ab. Hiergegen wendet sich der Kläger gerichtlich. Nur die bloße Festlegung von freien Tagen erfülle seinen Anspruch nicht. Die freie Zeit müsse für ihn tatsächlich nutzbar sein. Er war aber krank. Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, durch die Festlegung der freien Tage und die Entbindung des Klägers von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung sei der Anspruch bereits erfüllt worden.
Entscheidung
Die Revision der Beklagten hatte keinen Erfolg. Der MTV ist so auszulegen, dass der Anspruch auf Freistellung an Tagen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit nicht erfüllt werden kann. Der Anspruch besteht fort und ist grundsätzlich nicht auf das Kalenderjahr befristet. Eine Ausnahme gilt, wenn die Freistellungstage aus personenbedingten Gründen im gesamten restlichen Kalenderjahr nicht gewährt werden können. In einem solchen Fall lebt nach § 25.3 MTV das tarifliche Zusatzgeld im Umfang der nicht realisierten Freistellungstage wieder auf.
Praxishinweis
Die Entscheidung ist zu begrüßen und schafft Rechtssicherheit. Die besonders belasteten Arbeitnehmergruppen, die von dieser Regelung Gebrauch machen können, können die Freistellungstage auch ins nächste Kalenderjahr übertragen. Die Tarifvertragsparteien wollten besonders schutzwürdigen Arbeitnehmer:innen offensichtlich ein Wahlrecht einräumen. Dieses darf durch Arbeitsunfähigkeit während der Freistellungstage nicht untergraben werden.
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