Die Haftentschädigung im Falle unrechtmäßiger Inhaftierung wurde auf 75 Euro pro Tag angehoben.
Der Bundesrat hat am 18.09.2020 dem Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen (StrEG) zugestimmt, so dass die Haftentschädigung von 25€/Tag auf 75€/Tag angehoben wird. (Drucksache 19/17035). Zuletzt wurde der Betrag im Jahr 2009 auf 25€ pro Tag erhöht.
Eine Entschädigung wird gewährt, wenn die Untersuchungshaft letztlich zu Unrecht erfolgte. Das ist der Fall wenn ein Ermittlungsverfahren eingestellt wird, ein Freispruch erfolgt oder die Eröffnung der Hauptverhandlung abgelehnt wurde.
Aus unserer Sicht ist auch die reformierte Haftentschädigung nicht ausreichend. Wir schließen uns weiter der Forderung des Deutschen Anwaltvereins vom 9.9.2020 an:
„PM 24/20: Haftentschädigung: Freiheit ist mindestens 100 Euro pro Tag wert
Berlin (DAV). Wer zu Unrecht inhaftiert ist, verdient dafür eine Entschädigung. Der Bundestag diskutiert am 10. September über einen Gesetzentwurf des Bundesrates, demzufolge die Entschädigung für zu Unrecht Inhaftierte von derzeit 25 Euro auf 75 Euro pro Hafttag angehoben werden soll. Der Deutsche Anwaltverein (DAV) hält dies für ein richtiges Signal. Das Ziel sollte aber eine Entschädigung von 100 Euro pro Tag sein.
„Der Rechtsstaat muss sich auch daran messen lassen, wie er mit Fehlern umgeht. Hat er einem Menschen zu Unrecht seine Freiheit entzogen, muss er diesen Verlust zumindest symbolisch aufwiegen“, sagt Rechtsanwältin und Notarin Edith Kindermann, Präsidentin des DAV. Der Gesetzentwurf des Bundesrates sei deshalb ein Schritt in die richtige Richtung. „Die Erhöhung auf 75 Euro darf jedoch nur ein Zwischenschritt bleiben“, fügt die DAV-Präsidentin hinzu. Der DAV fordert weiterhin, Opfern von Justizirrtümern mit mindestens 100 Euro pro Hafttag zu entschädigen.
Die Initiative, die Haftentschädigungspauschale von 25 Euro auf 50 Euro zu verdoppeln, ging 2018 von den Ländern Hamburg und Thüringen aus. Der DAV hat sich seit Jahren dafür stark gemacht. Im Diskussionsprozess kristallisierte sich dann eine Erhöhung von 75 Euro heraus – was der DAV ausdrücklich begrüßte.
Die derzeitige Entschädigungshöhe von 25 Euro ist deutlich niedriger als jene in anderen Ländern und bildet im europäischen Vergleich das Schlusslicht. Für Freiheitsverluste, an denen der Staat nicht schuld war, haben Betroffene auch in Deutschland in der Vergangenheit schon deutlich mehr als die im Gesetzentwurf geforderten 75 Euro erhalten. In einem Fall wurde sogar eine zivilrechtliche Entschädigung von 92 Euro pro Tag gezahlt – und das trotz Mitverschuldens des Inhaftierten. Der Staat darf in der Entschädigungshöhe nicht hinter dem zurückstehen, was Privatpersonen an Wiedergutmachung zuzumuten ist.
Eine übermäßige fiskalische Belastung des Haushalts beziehungsweise des Steuerzahlers durch eine höhere Haftentschädigung ist nicht zu befürchten. Sie wäre auch bei angemessener Gestaltung des Haftentschädigungsrechts gegenüber anderen sozialen Ausgaben eine vernachlässigbare Größe.“
Verwiesen sei auch auf das Interview mit Rechtsanwalt Ulrich Schellenberg, Präsidiumsmitglied im Deutschen Anwaltverein in der TAZ vom 12.9.2020, „„Es gibt keine Fehlerkultur“.
Maßgebliche Regelung: Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen (StrEG) -§ 7 Umfang des Entschädigungsanspruchs-
(1) Gegenstand der Entschädigung ist der durch die Strafverfolgungsmaßnahme verursachte Vermögensschaden, im Falle der Freiheitsentziehung auf Grund gerichtlicher Entscheidung auch der Schaden, der nicht Vermögensschaden ist.
(2) Entschädigung für Vermögensschaden wird nur geleistet, wenn der nachgewiesene Schaden den Betrag von fünfundzwanzig Euro übersteigt.
(3) Für den Schaden, der nicht Vermögensschaden ist, beträgt die Entschädigung 75 Euro für jeden angefangenen Tag der Freiheitsentziehung.
(4) Für einen Schaden, der auch ohne die Strafverfolgungsmaßnahme eingetreten wäre, wird keine Entschädigung geleistet.
Für Rückfragen stehen die Strafverteidiger Jens Janssen, Jan-Georg Wennekers und Dr. Jan-Carl Janssen, Anwaltsbüro im Hegarhaus, Freiburg zur Verfügung.