Die Bundesregierung hat einen Gesetzesentwurf zur Abmilderung der Folgen der Corona-Pandemie im Strafverfahrensrecht erarbeitet. Ziel dieser Maßnahme ist es, die Höchstdauer der Unterbrechung einer Hauptverhandlung zu reformieren. De lege lata darf eine Hauptverhandlung grundsätzlich bis zu drei Wochen unterbrochen werden. Eine Unterbrechung von bis zu einem Monat ist möglich, wenn sie davor jeweils an mindestens zehn Tagen stattgefunden hat. § 229 Abs. 3 StPO sieht Fälle vor, in denen der Lauf der Fristen gehemmt ist. Vorgesehen ist nun eine Änderung des § 10 des Einführungsgesetzes zur Strafprozessordnung. Geplant ist durch einen zusätzlichen Hemmungstatbestand die Fortsetzung vieler durch die COVID-19-Pandemie unterbrochener Strafverfahren zu ermöglichen und so die Aussetzung und vollständige Neuverhandlung dieser Prozesse zu vermeiden (vgl. Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, Gesetzgebungsverfahren v. 23. März 2020, Formulierungshilfe für einen Gesetzentwurf zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht). Dies betrifft vor allem Großverfahren wie etwa den am Landgericht Freiburg laufenden Prozess wegen Vergewaltigung beim Hans-Bunte-Areal, in dem Rechtsanwalt Jan-Georg Wennekers verteidigt.
Die geplante Neuregelung lautet:
„§ 10 des Einführungsgesetzes zur Strafprozessordnung: Hemmung der Unterbrechungsfristen wegen Infektionsschutzmaßnahmen
(1) Unabhängig von der Dauer der Hauptverhandlung ist der Lauf der in § 229 Absatz 1 und 2 der Strafprozessordnung genannten Unterbrechungsfristen gehemmt, solange die Hauptverhandlung aufgrund von Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von Infektionen mit dem SARS-CoV-2-Virus (COVID-19-Pandemie) nicht durchgeführt wer den kann, längstens jedoch für zwei Monate; diese Fristen enden frühestens zehn Tage nach Ablauf der Hemmung. Beginn und Ende der Hemmung stellt das Gericht durch unanfechtbaren Beschluss fest.
(2) Absatz 1 gilt entsprechend für die in § 268 Absatz 3 Satz 2 der Strafprozessordnung genannte Frist zur Urteilsverkündung.“
Die geplante Änderung soll auch für solche Hauptverhandlungen gelten, die im Zeitpunkt der Unterbrechung noch nicht zehn Verhandlungstage angedauert haben. Dies sehen wir kritisch und schließen uns auch im Übrigen der Kritik des Deutschen Anwaltvereins an. Derzeit ist vorgesehen, dass § 10 StPOEG ein Jahr nach seinem Inkrafttreten wieder aufgehoben wird.
Für Rückfragen stehen die Strafverteidiger Jens Janssen, Jan-Georg Wennekers und Dr. Jan-Carl Janssen, Anwaltsbüro im Hegarhaus, Freiburg zur Verfügung.
Stand: 25. März 2020