31.10.2022
Die Gefahren einer Einziehung des Wertes von Taterträgen gem. §§ 73 ff. StGB wird von Beschuldigten und vielen StrafverteidigerInnen oft unterschätzt. Sie kommt bei zahlreichen Straftaten in Betracht, etwa bei Betäubungsmittelhandel, Bestechung, Betrug oder Verstößen gegen die Abgabenordung.
Die Anordnung der Einziehung durch das Gericht führt dazu, dass Beschuldigte oftmals lebenslang verschuldet sind.
Über die Höhe Einziehung gibt es auch keinen Deal im Sinne des § 257c StPO, jedoch ggfs. über das Absehen von der Einziehung im Rahmen des § 421 StPO.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 22.10.2020 – GSSt 1/20
Umso wichtiger ist, dass der Bundesgerichtshof in einem Beschluss vom 22.10.2020 – GSSt 1/20 entschieden hat, dass der Angeklagte in einer Hauptverhandlung ausdrücklich gemäß § 265 StPO auf eine drohende Einziehung des Wertes von Taterträgen hingewiesen werden muss, wenn sich dies nicht bereits aus der Anklageschrift ergibt.
Einziehung im Betäubungsmittelstrafrecht
Im Rahmen der Einziehung von vorgeworfenen Betäubungsmittelstraftaten gelten weitere Besonderheiten, die Bundesgerichtshof in seinem Beschluss vom 10. Juni 2020 – 3 StR 37/20 instruktiv erläutert:
„Bei den vom Angeklagten „erlangten“ Betäubungsmitteln handelt es sich nicht um Taterträge im Sinne der §§ 73, 73c StGB, sondern um Tatobjekte gemäß § 33 Satz 1 BtMG, § 74 Abs. 2 StGB (Weber, BtMG, 5. Aufl., § 33 Rn. 70, 326; KPV BtMG/Volkmer, 9. Aufl., § 33 Rn. 10; BGH, Beschluss vom 13. Januar 2010 – 2 StR 519/09, NStZ-RR 2010, 141, 142). Da der Angeklagte die Betäubungsmittel verbrauchte, könnte zwar grundsätzlich eine Einziehung des Wertes von Tatobjekten gemäß § 74c Abs. 1 StGB in Betracht kommen. Eine solche setzt jedoch voraus, dass dem Täter der ursprünglich einziehungsbetroffene Gegenstand zur Zeit der Tat gehörte oder zustand (BGH, Beschlüsse vom 12. Juni 2019 – 3 StR 194/19, NStZ-RR 2019, 382, 383; vom 24. September 2019 – 5 StR 269/19, NStZ 2020, 24 Rn. 7). In den Fällen (…) der Urteilsgründe, in denen die Übergabe der Betäubungsmittel im Inland stattfand, konnte der Angeklagte gemäß § 134 BGB kein Eigentum an diesen erwerben (Weber, BtMG, 5. Aufl., § 33 Rn. 392, 124; KPV BtMG/Volkmer, 9. Aufl., § 33 Rn. 80, 12; BGH, Beschlüsse vom 12. Juni 2019 – 3 StR 194/19, NStZ-RR 2019, 382, 383; vom 24. September 2019 – 5 StR 269/19, NStZ 2020, 24 Rn. 7). Die Anordnung der Einziehung von Wertersatz kann daher in Höhe von 19.200,00 € auch nicht auf § 74c StGB gestützt werden, so dass sie insoweit zu entfallen hat (§ 354 Abs. 1 analog StPO). Im Fall (…) der Urteilsgründe, der den Erwerb von Marihuana in den Niederlanden betrifft, könnte der Angeklagte Eigentum an dem Marihuana erworben haben und daher eine Wertersatzeinziehung gemäß § 74c StGB in Höhe von 500,00 € möglich sein. Da das Urteil des Landgerichts allerdings nicht alle zur Entscheidung notwendigen Feststellungen enthält, sieht der Senat insoweit aus verfahrensökonomischen Gründen mit Zustimmung des Generalbundesanwalts gemäß § 421 Abs. 1 Nr. 3 StPO von der Einziehung ab.“
Rechtsanwälte und Strafverteidiger Jens Janssen, Jan-Georg Wennekers und Dr. Jan-Carl Janssen, Anwaltsbüro im Hegarhaus, Freiburg.