Eine nicht geringe Menge von Betäubungsmitteln liegt vor, wenn die im Betäubungsmittel enthaltene Wirkstoffmenge (nicht das Bruttogewicht der Drogen) einen Grenzwert erreicht oder übersteigt, der für das jeweilige Betäubungsmittel gesondert durch die Rechtsprechung festgelegt wird. Sobald eine nicht geringe Menge von Drogen vorliegt, ändern sich die Strafrahmen, die zunächst im Raum stehen. § 29a BtMG ist ein Verbrechenstatbestand, der eine Freiheitsstrafe von nicht unter einem Jahr bis 15 Jahre vorsieht, sofern kein minder schwerer Fall (§ 29a Abs. 2 BtMG) vorliegt. Die entsprechenden Grenzwerte haben wir in der folgenden Tabelle zusammengestellt:
Nicht geringe Menge Wirkstoff |
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Amphetamin (Speed / Pep) | 10g Amphetaminbase (200 Konsumeinheiten à 50mg) |
Benzodiazepine
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Cannabisprodukte (Haschisch / Marihuana)
synthetische Cannabioide
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Bislang gibt es keine neuen Grenzwerte. Das Landgericht Freiburg hat in einem ersten Urteil zum neuen Recht vom 5.4.2024 die nicht geringe Menge bei 80 Gramm THC angenommen (Aktenzeichen: 17/23 3 KLs 690 Js 3513/23). Das Urteil ist nicht rechtskräftig – die Staatsanwaltschaft Freiburg hat angekündigt Revision gegen die Entscheidung einzulegen. Sie hatte im Plädoyer vertreten, die nicht geringe Menge bei Taten nach dem KCanG bei lediglich 30 Gramm THC anzusetzen. Dieser Wert erscheint angesichts der „legalen“ Mengen aber sehr niedrig angesetzt. Update 22.4.2024: Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs geht weiterhin von einer nicht geringen Menge von 7,5 Gramm THC aus (Beschluss vom 18.4.2024 – 1 StR 106/24).
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Cathinone (synthetisch)
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jeweils bei 5g jeweils bei 15g jeweils bei 25g bei 30g |
Chrystal Meth (Methamphetamin ([2S]-Methamphetamin)) | 5g Methamphetaminbase |
Codein | 15 g Codeinphosphat |
Diazepam | 2.400 mg |
Ecstasy (MDA/MDE/MDMA) | jeweils 30g MDA-, MDE- bzw. MDMA-Base |
GHB | 200 g Natrium-γ-Hydroxy-Buterat |
Heroin | 1,5g Heroinhydrochlorid (30 Konsumeinheiten à 50mg) |
Khat (Cathinon) | 30g Cathinon |
Kokain | 5g Kokainhydrochlorid |
LSD | 6mg Wirkstoff, (120 LSD-Trips à 50μg), jedenfalls bei 300 Trips |
Methadon | 6 g razematisches Methadonhydrochlorid |
Methamphetaminracemat ([RS]-Methamphetamin) | 5g Methamphetamin-Base und 5g Levmethamphetamin-Base |
Morphin | 70g, in Zubereitungen: 4,5g Morphinhydrochlorid (45 Konsumeinheiten à 100mg) |
Opium | 16 g Morphinbase |
Phenethylamine (psychostimulierend)
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Subutex | 450mg Buprenorphinhydrochlorid |
Zolpidem | 4.800 mg (60 Konsumeinheiten à 80 mg) |
Quelle: Patzak/Volkmer/Fabricius/Patzak, 10. Aufl. 2022, BtMG § 29a Rn. 55a-56; BGH, Beschl. v. 08.03.2022 – 3 StR 136/21; BGH, Beschl. v. 27.01.2022 – 3 StR 155/21.
Welche Ziele verfolgte der Gesetzgeber mit der Einführung des § 29a BtMG?
Ziel von § 29a BtMG ist es einerseits Drogenhandel im großen Stil, andererseits die Vorratshaltung oder Betäubungsmittelsammelbestellungen zu begrenzen. Zudem wollte der Gesetzgeber die Berufung auf Eigenverbrauch einer größeren Menge von Betäubungsmitteln einschränken. § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG sieht eine Freiheitsstrafe von nicht unter zwei Jahren für die unerlaubte Einfuhr von Betäubungsmitteln vor, sofern kein minder schwerer Fall vorliegt.
Wie wird die nicht geringe Menge von Betäubungsmitteln bestimmt?
In einem zweistufigen Verfahren wird die nicht geringe Menge durch ein Vielfaches der zum Erreichen eines Rauschzustandes erforderlichen Wirkstoffmenge bestimmt, welche aus dem Produkt einer Einzelmenge und einer an der Gefährlichkeit orientierten Maßzahl (gemessen in Konsumeinheiten) errechnet wird (vgl. Körner/Patzak/Volkmer/Patzak, 9. Aufl. 2019, BtMG § 29a Rn. 48). Mit folgender Formel wird die nicht geringe Menge berechnet:
Nicht geringe Menge = maßgebliche Einzelmenge multipliziert mit einer an der Gefährlichkeit orientierten Maßzahl (gemessen in Konsumeinheiten).
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